Zur Ausstellung: Mississippi Desaster
Ueli Alder
Mississippi Desaster
8. März – 27. April 2014
Auf den Spuren des Blues und der Suche nach der eigenen Identität ging der als Appenzeller Cowboy bekannte Fotokünstler Ueli Alder für ein Jahr in die USA. Er kehrte mit zahlreichen Fotos und einem Video zurück, das seine Fahrt durch die Canyon-Landschaft in den Badlands in South Dakota dokumentiert. Das leise Rauschen der aufzeichnenden Kamera und der Wechsel von Blues- und Rockmusik durchbricht die Monotonie und untermalt die Stimmung in der Wildnis, die sich hier nicht, wie aus Western vertraut, in sengender Hitze, sondern von Schnee bedeckt präsentiert. Nur die rechte Fahrspur ist vom Schnee befreit, so als ob der Weg ein One-Way wäre.
Während seines Amerikaaufenthalts fuhr der Künstler zu mystischen Orten und zur Geburtsstätte des Rock’n’Roll ins Mississippi Delta. Der Ausflug entpuppte sich, zurück in Chicago, zunächst als ein Desaster. Erst hinterher stellte Alder fest, dass die Kamera defekt war und somit ein Grossteil der Filmrollen unbrauchbar. Ein Glücksfall hingegen sind die wenigen dort entstandenen Mehrfachbelichtungen, in denen sich infolge der Überlagerung der Bilder die verschiedenen Realitätsebenen narrativ miteinander verknüpfen. So scheinen sich drei Aufnahmen, die wie von Geisterhand zu einem Bild verbunden sind, auf die Legende von Robert Johnson, dem King of Delta Blues, zu beziehen.
Das fotografische Werk von Ueli Alder lebt von dem Zufall und der Inszenierung. Neben menschenleeren stimmungsvollen Landschaften und Interieurs, setzt sich der Künstler häufig selbst in Szene. Für das Bild, das Alder in seinem Atelier in Chicago zeigt, platzierte er wohldurchdacht Gegenstände. Gleichsam wie ein Fremdkörper im eigenen Studio gibt die über eine Stuhllehne geworfen Appenzeller Tracht Auskunft über die für Amerikaner exotische Herkunft des Künstlers. Vor allem aber nimmt Alder hier mittels Gestik und Details Bezug auf das berühmte Bild von Jeff Wall „After Invisible Man“. Immer wieder finden sich in seinen Arbeiten kunsthistorische Referenzen, die nicht immer beabsichtigt sind, sondern durchaus auch spontan im Moment der Aufnahme entstehen können.
Ob nun Zufall oder Konstruktion, allen seinen Bildern gemeinsam ist, dass sie ähnlich dem Blues ein Gefühl und eine besondere Stimmung ausdrücken, die von Trauer und Hoffnung gleichzeitig erfüllt ist.
Ueli Alder ist 1979 in Urnäsch, Appenzell Ausserrhoden, geboren. Er studierte an der Zürcher Hochschule der Künste im Fachbereich Fotografie und war für ein Jahr an der School at the Art Institute in Chicago, USA. Er lebt und arbeitet in Zürich.
Text: Ute Christiane Hoefert